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So wichtig ist die Stimme im Bewerbungsprozess

Apr 5, 2024 | Bewerbung & Jobsuche

Die Bedeutung der Stimme im Bewerbungsprozess

Die Schuhe sind geputzt, das Outfit sorgfältig ausgesucht. Es wurden Recherchen unternommen: Sie wissen alles über die Kanzlei und haben sich bestens auf das Gespräch vorbereitet. Eigentlich kann nichts mehr schiefgehen. Oder? Am Abend vor dem Termin kündigt sich – wie bestellt – ein Kratzen im Hals an. Vor Nervosität? Vielleicht. Eigentlich spielt es keine Rolle, Fakt ist, dass der Zeitpunkt nicht passt, egal, ob es an der Aufregung oder an Krankheitssymptomen liegt. Dabei sind der Stimmklang, ein Mindestmaß an Stimmvolumen und die prägnante, deutliche Artikulation – neben der grundsätzlichen Eignung für den Job natürlich – entscheidende Faktoren dafür, ob ein Vorstellungsgespräch zum Erfolg wird oder nicht.

Die Rolle von „Was sage ich?“ vs. „Wie sage ich es?“

Natürlich ist es in einem Bewerbungsgespräch wichtig, was Sie sagen. Nicht zu vernachlässigen ist aber auch, wie Sie es sagen. Menschen wirken dann seriös, wenn sie ruhig, bedacht und mit sicherer und prägnanter Stimme vortragen. Dann entsteht ein kompetenter, souveräner und vertrauenerweckender Eindruck. Ständiges Räuspern, ein Ausbrechen der Stimme, was aufgrund von Nervosität gerne mal passiert, oder andere sprachliche Schwierigkeiten wirken oft irritierend auf das Gegenüber. Und die Varianten stimmlicher Probleme sind vielfältig: von A wie Atemlosigkeit, die sich aufs Gegenüber überträgt, bis hin zu Z wie Zungenfehlstellung, die ein Lispeln verursacht. Gerade für Vorstellungsgespräche ist es eine gute Idee, stimmlich vorbereitet und gut aufgestellt zu sein sowie auf den eigenen Stimmklang Wert zu legen.

Stimme als Indikator für Softskills im Vorstellungsgespräch

Mittlerweile haben auch Personalerinnen und Personaler den Stimmklang für ihre Zwecke entdeckt. Bestimmte Persönlichkeitsmerkmale gehen mit einer bestimmten Sprechweise einher. Deshalb werden manche Fragen nicht deswegen gestellt, um das Wissen zu überprüfen, sondern um festzustellen, wie die Reaktion darauf ist und wie sich diese stimmlich äußert. Werden Sie bei gewissen Fragen nervös? Oder sind Sie in der Lage, souverän zu agieren und entspannt bis begeistert zu antworten? Abgefragt werden dadurch Eigenschaften, die in der Kanzlei gebraucht werden: Durchsetzungs- und Kommunikationsstärke, Teamfähigkeit, Führungsqualität und das Herzblut, das in den Job fließt.

Kenntnis eigener Sprachgewohnheiten als Vorbereitung

Mit dem Wissen, dass sich die für die Einstellung Verantwortlichen auf den Stimmklang und die Sprechweise konzentrieren, sollte die Vorbereitung auf das Bewerbungsgespräch beginnen. Dabei hilft es, sich vor Augen zu führen, ob und welche Probleme Sie beim Sprechen haben. Nuscheln Sie oder verfügen Sie über eine deutliche Aussprache? Sprechen Sie dialektfrei? Sind Ihre Betonungen immer sinnvoll gewählt? Haben Sie die Angewohnheit, Endsilben zu verschlucken? Wer das alles nicht weiß, sollte sich einmal selbst beim Sprechen aufzeichnen und sich dann, so weh es tun kann, selbst zuhören. Auch ganz ureigene stimmliche Besonderheiten fallen dann ins Auge – oder eher ins Ohr. Sprechen Sie zu leise, zu laut? Haben Sie die Fähigkeit, Ihrer Rede mit einer ansprechenden Satzmelodie eine gewisse Eindringlichkeit zu verleihen? Klingt Ihre Stimme angenehm? Wird die Stimme höher, wenn Sie aufgeregt sind?

Die ideale Stimme: Merkmale und Authentizität

Was genau ist denn aber ein angenehmer Stimmklang? Es gibt einige Eckpunkte, an denen man sich orientieren kann. Wir empfinden Menschen dann als souverän, wenn ihre Stimme einen runden Klang hat. Tiefe vermittelt Kompetenz, ist die Stimme zu laut und zu schrill, bewirken wir das Gegenteil. Das sollte allerdings niemanden dazu verleiten, künstlich tiefer zu sprechen als in der Natur der Person liegt, denn auch mangelnde Authentizität wird vom Gegenüber unterbewusst wahrgenommen. Jede Stimme hat ihren eigenen, ganz individuellen Klang. Diesen gilt es, zunächst einmal zu festzustellen und zu fördern. Häufig ist die natürliche Sprechweise von Menschen kulturell überformt. Mit Stimmbildung kann er neu entdeckt und der Umgang mit der eigenen Stimme professionalisiert werden.

Die Schlüsselrolle der Atmung und ihre Bedeutung gegen Nervosität

Einen angenehmen Stimmklang zu erarbeiten, passiert allerdings nicht nur im Rachenraum. Schlüssel zum gesamten Stimmsystem ist die richtige Atmung. Viele Menschen haben sich angewöhnt, flach in den Brustkorb zu atmen. Das verursacht einen kleinen Stimmklang, in aufregenden Situationen aber auch Kurzatmigkeit und ein Ausbrechen der Stimme. Man hat einfach weniger Kontrolle über seine Stimme. Mit einer Atmung, die tief in den Körper führt, erreicht man gleich mehrere Benefits: Die Stimme erlangt mehr Kraft, da diese nicht ausschließlich im Rachenraum produziert werden muss. Der Körper richtet sich auf, das hat eine positive Auswirkung auf die Stimme, die dann im Rachenraum besser in Schwingung geraten kann; Resonanzräume werden geöffnet, die mehr natürliches Volumen ermöglichen. Darüber hinaus zwingt eine tiefe Atmung dazu, beim Sprechen auch mal eine Pause zu machen. Dadurch wird das Sprachtempo verlangsamt, das Gegenüber versteht uns besser und Argumente werden pointierter und mit mehr Schlagkraft vorgetragen. Wir wirken nicht gehetzt: voilà Souveränität. Nicht zuletzt wirkt eine tiefe Atmung beruhigend. Der Sauerstoff verteilt sich schneller und besser im Körper und durch tiefe und lange Atemzüge bleibt der Puls gleichmäßig ruhig. Keine schlechte Fähigkeit in der stressigen Situation eines Bewerbungsgesprächs. Allerdings bedarf es der Übung, bis man die Kunst der tiefen Atmung auch in Stresssituationen beherrscht. Das bedeutet: Es ist ein wenig illusorisch, erst kurz vor dem Bewerbungsgespräch zweimal tief durchzuatmen und zu glauben, dass die Nervosität wie von selbst verschwindet. Aber: Wer regelmäßig Atemübungen macht, kann darauf bauen, die Ruhe in stressigen Situationen zuverlässig abrufen zu können.

Praktische Tipps zur stimmlichen Präsentation im Vorstellungsgespräch

Zum Abschluss noch ein paar Tipps, mit denen Sie gut durch Vorstellungsgespräche kommen. Damit stört auch das Kratzen im Hals am Vorabend des Vorstellungsgesprächs nicht mehr und Sie werden es schaffen, sich stimmlich gut zu repräsentieren.

  • Räuspern Sie sich auf keinen Fall. Räuspern vermittelt Unsicherheit und wirkt im Gespräch, als wollten Sie Zeit schinden. Vor allen Dingen hilft es leider nicht einmal! Auch wenn es sich im ersten Moment gut anfühlt, sich zu räuspern, ist es, als würden Sie sich im Hals kratzen. Sie sorgen also für zusätzliche Reibung im Rachenraum, die sich langfristig nicht als förderlich erweist. Bevor Sie sich alle zehn Sekunden räuspern, sollten Sie lieber einmal richtig weghusten, was Sie hemmt. Vielleicht steht Ihnen im Gespräch auch ein Glas Wasser zur Verfügung, das Ihnen bessere Abhilfe schaffen kann.
  • Achten Sie auf Ihre Körperhaltung. Sie spricht ohnehin Bände auf nonverbaler Ebene. Ein aufgerichteter Körper wirkt sich aber auch förderlich auf einen runden Stimmklang aus.
  • Öffnen Sie Ihren Kiefer beim Sprechen. Sie kennen sicher die Redewendung: „Der kriegt beim Sprechen die Zähne nicht auseinander.“ Das bedeutet: Man versteht nicht, was er oder sie sagt. Außerdem ist es durchaus möglich, dass man Ihnen weder Kompetenz noch Engagement zuschreiben wird. Sorgen Sie dafür, dass dies auf Sie nicht zutrifft! Am besten üben Sie es vor dem Spiegel. Sie werden überrascht sein, wie stark Ihre Wahrnehmung und Ihre tatsächliche Kieferöffnung voneinander abweichen.

Lernen Sie beizeiten, Ihre Atmung nachhaltig auf die Tiefatmung umzustellen und lassen Sie Ihre Stimme ausbilden. So werden Sie keine Angst vor Bewerbungsgesprächen haben und können sich voll und ganz auf das Gespräch konzentrieren.

Die Stimme ist ein entscheidender Baustein für Ihren Erfolg!

Die Autorin

Ute Bolz-Fischer M.A. ist Stimmbildnerin und Stimmcoach. Sie hat Gesang und Musikwissenschaft studiert. Inspiriert von ihrem juristisch geprägten Umfeld hat sie als Inhaberin von Law & Voice ein speziell auf die Bedürfnisse von Juristinnen und Juristen abgestimmtes Stimmcoaching entwickelt. Ihre Arbeit zielt darauf ab, die Stimmen ihrer Coachees zu stärken und die Resilienz zu fördern.
www.law-and-voice.de

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