Jahrhundertreform im Personengesellschaftsrecht

Jahrhundertreform im Personengesellschaftsrecht? Was genau bedeutet das?

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Jahrhundertreform im Personengesellschaftsrecht

Seit geraumer Zeit überfällig, hat die Bundesregierung nun einen Gesetzesentwurf zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts vorgelegt. Die wesentlichen damit einhergehenden Ziele sind vernünftig und knüpfen an zwanzig Jahre alte höchstrichterliche Rechtsprechung an.

Ausgangspunkt

Nach der Konzeption der §§ 705 ff. BGB stellt die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine nicht rechtsfähige, auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Gesamthandsgemeinschaft dar, die ihrerseits nicht Haftungssubjekt ist. Vielmehr haften die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit für die begründeten Verbindlichkeiten.

So jedenfalls legt es der Wortlaut des § 714 BGB nahe, der von der Ermächtigung eines geschäftsführenden Gesellschafters spricht, die anderen Gesellschafter gegenüber Dritten zu vertreten. Auch § 718 Abs. 1 BGB spricht von dem Vermögen der Gesellschafter. Ferner kann § 736 ZPO ins Feld geführt werden, der zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen ein Urteil gegen alle Gesellschafter fordert.

Ein solches am Wortlaut der Normen klebendes Verständnis bezüglich der Rechtsfähigkeit ist nicht nur unzeitgemäß, es ist darüber hinaus mit überflüssigen Unwägbarkeiten verbunden.

Das Betreiben der Zwangsvollstreckung bspw., bei dem sich der Bürger – weil die Selbstvornahme des Privatrechtssubjekts nur innerhalb der Grenzen der §§ 229, 859 BGB möglich ist – zur Durchsetzung seiner Ansprüche staatlicher Mittel bedient, wäre in Bezug auf die GbR angesichts des Normtextes des § 736 ZPO davon abhängig, ob der Gläubiger den Wohnsitz aller Gesellschafter ermitteln kann. Dies kann sich sehr mühsam gestalten und wird den praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs nicht gerecht.

Richtungsweisendes Urteil des BGH und normative Anknüpfung

Die daraus resultierende Notwendigkeit, die GbR mit Rechtsfähigkeit auszustatten, sodass Sie selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, hat der Bundesgerichtshof bereits 2001 aufgegriffen und der am Rechtsverkehr teilnehmenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit zuerkannt.

Nach dieser sog. neuen Gesamthandslehre also ist die GbR ein gegenüber ihren Mitgliedern verselbstständigter rechtsfähiger Verband. Mit § 226 UmwG, § 11 InsO, § 47 GBO und nicht zuletzt § 899a BGB sind eine Reihe von Vorschriften genannt, die diese Auffassung normativ untermauern.

Mit Blick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip erwachsende Gewaltenteilung ist die Beantwortung einer solchen Frage und die damit einhergehende Klärung von Haftungsfragen jedoch grundsätzlich dem Aufgaben- und Kompetenzbereich der Legislative vorbehalten, die sich im Januar diesen Jahres erfreulicherweise diesbezüglich gerührt hat.

Reformziele

So soll eine Reform zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts auf den Weg gebracht werden, die im wesentlichen drei Ziele zueigen hat:

1. Gesetzliche Ausstattung der GbR mit Rechtsfähigkeit

Um die GbR den herausgearbeiteten praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs anzupassen, soll sie eindeutig mit Rechtsfähigkeit ausgestattet werden. Zudem soll durch die Schaffung eines Gesellschaftsregisters Subjektspublizität erreicht werden. Die Eintragung der Gesellschaft in ein solches Register soll dabei keine konstitutive Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit sein. Durch weitere gesetzliche Regelungen auch außerhalb des BGB soll die Rechtsfähigkeit konsolidiert werden.

2. Schaffung eines Zugangs der freien Berufe zu den Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften

Die sog. Dienstleistungen höherer Art sind per Definition grundsätzlich vom Gewerbebegriff ausgeschlossen. Damit ist es bspw. Rechtsanwälten oder Heilberufe ausübenden Personen verwehrt, sich Rechtsformen der Personenhandelgesellschaften zu bedienen. Der Entwurf verfolgt das Ziel, die Rechtsformen der Personenhandelsgesellschaften grundsätzlich auch zur gemeinsamen Ausübung freier Berufe durch die Gesellschafter zugänglich zu machen. Diese Öffnung soll allerdings unter einen berufsrechtlichen Vorbehalt gestellt werden. Das anwendbare jeweilige Berufsrecht muss mithin den Zusammenschluss in der jeweiligen Rechtsform zulassen. Ferner soll sichergestellt werden, dass durch berufsrechtliche Vorkehrungen, wie spezifische Versicherungspflichten, die Haftungsprivilegien, die diverse Rechtsformen bereitstellen, angemessen ausgeglichen werden.

3. Schaffung eines neuen Beschlussmängelrechts für Personenhandelsgesellschaften

Ein rechtsfehlerhafter Beschluss einer Gesellschaft ist regelmäßig nichtig. Hiervon wird in der Praxis oftmals durch gesellschaftsvertragliche Regelungen abgewichen, die meist ein am aktienrechtlichen Anfechtungsmodell orientiertes Beschlussmängelrecht mit fristgebundener Anfechtungsklage beinhalten. Ein solches Beschlussmängelrecht soll nun für Personenhandelsgesellschaften eingeführt werden. Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sollen im HGB verankert und unter den Vorbehalt der Abdingbarkeit gestellt werden.

Ausblick

Die Initiative greift wichtige Punkte auf und geht auf die praktischen Bedürfnisse des Personengesellschaftsrechts ein. Eine solche Reform will allerdings gut durchdacht sein. Begrüßenswert ist, dass der Gesetzgeber nicht vorzuhaben scheint, Regelungsdichte zu Lasten der Privatautonomie zu schaffen. Dies manifestiert sich bspw. in der weiterhin bestehenden Möglichkeit vertraglicher Abweichungen im Rahmen des Beschlussmängelrechts. Ferner erscheint es sinnvoll, weitere ungeschriebene aber anerkannte Grundsätze – wenn man schon mal dabei ist – in Gesetzesform zu gießen. Dies scheint bspw. für die sog. actio pro socio – eine Prozessstandschaft für den einzelnen Gesellschafter in Bezug auf Sozialansprüche – geschehen zu sein. So soll ein einzuführender § 715b BGB dieses Institut nunmehr regeln. Der Gesetzgeber hat sich augenscheinlich Gedanken gemacht.

Der Entwurf zeigt jedoch auch, in welchen Bereichen die Legislative dem soziokulturellen Wandel hinterherhinkt – so wurde eine Digitalisierung des Gesellschaftsrechts in Betreff der Gründung, Rechtsänderung oder Versammlungen nicht geregelt.

Autor: Leon Laubenbacher

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